Übertraining/ Overtraining- “ Sag ma, overtreibst Du jetzt?!“
In der Fitnessszene gibt es Stimmen, die behaupten, dass „Übertraining“ garnicht existiert und einfach nur in die Kategorie „Mimimi“ gehört. Wer so etwas äußert, hat meiner Meinung nach, noch nie Leistungssport betrieben oder hat noch nie ein Buch der Bewegungsphysiologie gelesen, geschweige den in der Hand gehabt.
Als Leistungssportlerin, als Coach und auch als angehende Sportwissenschaftlerin kann ich aus eigener Erfahrung, Beobachtung und Lektüre nur bestätigen, dass es dieses Phänomen gibt. Jetzt ist nur noch zu erörtern, was Übertraining ist, wie es entsteht, welche Symptome auf solch ein Phänomen hinweisen und wie man dem vorbeugen kann.
Was ist eigentlich Übertraining?
Rein der Definition nach Paul Haber/ Josef Tomasits zufolge, ist das Übertraining „eine Anpassungsstörung der organischen und vegetativen Regulation und entsteht durch ein Missverhältnis der Summe aller Belastungen und der aktuellen Erholungsfähigkeit.“ ( 2016, S.160)
Dein Körper verfügt über eine gewisse Leistungsfähigkeit, was nichts anderes ist, als eine Art Wiederstandfähigkeit gegenüber Ermüdungen. Stell dir vor deine antrainierte Leistungsfähigkeit ist der Schutzwall deiner Burg, die dein Zentrum vor Eindringlingen schützen soll. In der Metapher sind die Angriffe der Eindringlinge die Ermüdungen, die andauernd auf deinen Schutzwall ( die Leistungsfähigkeit) einwirken. Jede mögliche Tätigkeit, z.B. ein aktiver Beruf, das Mama- / Papa-sein, Training, allgemeine psychische sowie physische Belastungen im Alltag hemmt deinen Schutzwall, bis er bricht und du nur noch auf deine Leistungsreserven zurückgreifen kannst, die in dir noch abrufbar sind. Krankheiten und sogar die Gewichtsreduktion nagen an deiner Leistungsfähigkeit und können diesen negativ beeinflussen.
Die Reserven sollten so weit es gehend geschützt werden, da Organe sonst in Mitleidenschaft gerissen werden. Wenn du dauerhaft auf deine Leistungsreserven zurückgreifen müssen, kann das zu irreparablen Schädigungen führen. Durchgehend ohne Schutzwall zu kämpfen ist schädlich, logisch oder?
Wie macht sich das in der realen Welt als Sportler bemerkbar?
Durchgehende Müdigkeit belastet den Geist und die Leistungen im Training sind nie zufriedenstellend. Zudem kann sogar ein konkreten Leistungsabfall protokollieren werden und Schmerzen, durch Muskelverhärtungen oder Muskel(an)risse, können die Folgen sein. Dies hat einen hohen demotivierenden Grad, der nicht selten mit übertriebener Selbstdisziplin übergangen wird.
Weitere Symptome wie Appetitlosigkeit und leichte Reizbarkeit können auch in Erscheinung treten.
Wie kann ich einem Übertraining im vornherein vermeiden?
Es ist wichtig, ein gründlichen und micro-/makrozyklischen Trainingsaufbau zu haben. Dafür benötigt man Trainer, die wirklich(!) ausgebildet sind. Gerade Freizeitpumper, die auf Youtube mal paar Videos angeschaut haben und nun im Alleingang sich zur „Pumpikone“aufmachen wollen, laufen da schnell Gefahr, dass die monotonen und stereotypischen Trainingseinheiten sie schnell körperlich verheizen. Zudem sollte jedem Sportler klar sein, dass in der Erholungsphase die Superkompensation stattfindet. Dieser Mechanismus verbessert die motorischen Fähigkeiten der Muskulatur, für die folgende Belastung. Dies geschieht NICHT IM TRAINING. Daher ist es nur ratsam, genau so viel Wert bei der Planung der Erholungsphasen zu legen, wie für die Anordnung der Trainingszeiten und dessen Dauer, Intensität und Umfang.
Äußerliche Einflüsse, die die Leistungsfähigkeit herabsetzten könnten, sollten vermieden werden. Witterung, Jahreszeit und Uhrzeit spielen hierbei auch eine Rolle.
Eine deutliche und klare Trainingsprotokollierung sollte hier nicht fehlen. Wer mit all diesen Faktoren gänzlich überfordert ist, sollte sich zum Einstieg 1-3 X Personal Trainingsstunden gönnen, um hier einen professionellen Trainingspartner mit rat und tat zur Seite zu haben.
Wie kann ich herausfinden ob ich an meinem Übertraining leide?
Ganz einfach: Einerseits kannst du subjektiv feststellen, ob das Gefühl hast, an einem „Körperlichen
Burnout“ zu leiden.
Andererseits kann man das objektiv beim Arzt untersuchen lassen:
Ein Indikator hierfür ist das Enzym Kreatinkinase (CK). Das Enzym wird bei Muskelzellschädigungen verstärkt im Blut zu finden sein, da die Muskelzelle es aussondert. Beim Arzt kann man bei einer routinierten Blutabnahme diesen Wert mit abchecken lassen.
Sollte der Wert um ein Faktor zwischen 10-1000 liegen ( ja soweit reicht die Spannweite) sollte je nach Grad, das Training mit einer längeren aktiven Pause reguliert werden oder komplett Vermieden werden, da das sogar zum Nierenversagen führen kann.
Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass kaum eine Aussage darüber getroffen werden kann, ab welchen Grad ein Übertraining stattfindet. Es kann bei einem intensiven Training dazu kommen sowie auch, bei der Gewichtsreduktion, durch Krankheit oder durch einer unausbalancierten Mischung aus allem. Wichtig ist, bei dauernder Müdigkeit und muskulären Schmerzen, dem Gefühl auf den Grund zu gehen und eine stabile Belastbarkeit wieder herzustellen.
Live clean & train dirty
Coach Yazz
Ein sehr hilfreicher Artikel. Ich habe am eigenen Körper erlebet was „Übertraining“ ist. Zu viel und zu oft trainieren, dazu Gewichtsverlust durch kohlenhydratarme Ernährung und das über einen längeren Zeitraum neben Job und Alltag. Zum Schluss hat mein Körper gestreikt und ich hatte EWIG mit einer leichten Erkältung zu kämpfen die mich mehrere Tage außer Gefecht gesetzt hat. Jetzt bin ich schlauer – und höre auf die Signale meines Körpers.